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29.01.2009

Unberührt

Hemm ... hehh ... ähh ... uhh ...

Ach was soll's, here goes: Ich habe Jesus verpfiffen. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass es wirklich Zeitmaschinen- zur falschen Zeit am falschen Ort- unglücklicher Gleichklang deutscher und althebräischer Wörter- es tut mir so, so-

Wie? Es ging gar nicht-? Ach so, eigentlich wollte ich hier sagen, dass ich erst mit über 21 zum ersten Mal Sex hatte. Weit drüber. Weeeit.

So. Und es gibt mindestens ein gutes Buch, einen kurzen und einen längeren informativen Fernsehbericht und sogar eine nette Filmkomödie zum Thema, die ich als Einstiege jedem Interessierten empfehle, weil sie schon sehr vieles ansprechen, das aber durchaus auch meiner Wiederholung wert ist.

Eines der ersten und wichtigsten Probleme eines sex- oder beziehungslosen Menschen ist die vergebliche, zunehmend obsessive Suche nach einem goldenen Schlüssel zum bevorzugten Geschlecht, den man aufgrund seiner Nichtexistenz aber nie finden kann. Ob Aussehen, Geld, Bildung, Witz, Eltern oder zwanghaftes Kätzchenertränken, stets wird man zahllose Gegenbeispiele finden, die trotz ihrer inneren wie äußeren Quasimodohaftigkeit von einem Bett ins nächste zu stolpern scheinen, von erfolgreich charmanten Normalverbrauchern nicht zu reden. Wenn aber jeder Serienmörder Körbe voller Liebesbriefe in den Todestrakt erhält, was sagt es dann über die nichthomizidale Jungfrau, wenn sie nicht einmal die kränksten Helfersyndrom-Krankenschwestern für sich gewinnen kann, oder anders, was stimmt mit mir nicht, wenn mich keine(r) will? Stark ist der Held, der bei diesem Sein sein Selbstbewusstsein bewahrt.

Dabei ist gerade Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit, Selbstliebe jener goldene Schlüssel, allerdings nicht zu anderen, sondern zum eigenen Leben. Wer möchte nicht lieber Kirsche auf einer leckeren, glänzenden Torte sein, als erst einen traurigen Haufen Mehl und zwei schlaffe Eier mühsam aufbacken zu müssen? Allein, wie zur Torte werden ohne, und wenn wir schon mit dieser Metapher in alle Richtungen zerlaufen, haha, Treibmittel?

Denn zu den beharrlich nagenden Selbstzweifeln kommt im sozialen Leben, in den Unterhaltungen über Liebe, Sex und Zärtlichkeit, in denen man nicht mitreden kann, und in den Fickificki-Medien der normative Aspekt, die stumme, drückende Erwartung, dass man bis zu jenem und diesem Alter dieses und jenes erlebt haben sollte, anderenfalls stimmt mit einem etwas nicht. Dennoch reagieren die meisten Menschen nach meiner Erfahrung offen und verstehend, wenn man mit ihnen über seine Unberührtheit spricht. Wie aber zu dieser sehr erleichternden Erkenntnis gelangen, wenn man durch langes Schweigen überzeugter und überzeugter geworden ist, dass man ausgelacht und mit faulem Gemüse beworfen wird, weil man es für eine tiefe Schande hält, noch nie mit jemand anderem geschlafen zu haben? Erneut, stark ist der Held, der den Mut hat, sein Sein für die Augen der Welt zu öffnen.

Dabei stehen hinter diesen Augen öfter warme Herzen, als man meinen mag. Und wer trotzdem lacht, darf getrost auf den Müllhaufen falscher Freunde verbannt werden. Allein, wie sich, um erstmal dahin zu kommen, am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Angst ziehen?

Denn vielleicht auch nur gefühlte externe Normativität und internes Minderwertigkeitsdenken machen nicht stärker, nicht heldenhafter, nicht treibender, nicht offener, sondern alle Gegenteile. Man nähert sich nicht anderen, sondern entfernt sich, und erfüllt so oft erst die selbstvergiftende Vermutung, ein unverstandener Kauz zu sein. Man entfernt sich bis in die immer artifizieller werdende Sprache hinein von sich selbst, bis man zu einem scheinbar unbeteiligten, verkrampften Beobachter seines eigenen Lebens wird. Man spricht in der Erwartung, erfolglos zu sein, niemanden mehr an, und erfüllt die Erwartung so, zunehmend und zunehmend obsessiv. Und endlich, wie Springerstiefel, die nach Liebe, wie 9/11-Verschwörer, die nach Hirn schreien, projiziert man seine empfundene Unzulänglichkeit in gedrehter Münze auf das Andere, das Unbekannte, das Begehrte. Ich bin dumm, faul und hasse mich selbst, also muss Döner-Alis Familie dran glauben. Ich habe einen wirklich, wirklich winzigen Mikropenis, also hat der Jud' die Türme gesprengt. Und ich fühle mich einsam und wertlos, also sollen diese Schlampen, diese Göttinnen vor mir gefälligst auf die Knie fallen. Aus diesem selbstverstärkenden Teufelskreis auszusteigen geht nur, wenn man aus ihm aussteigt.

Dabei ist das nicht so schwer, wie es klingen mag. Medien wie die oben verlinkten und vielleicht auch dieser Eintrag zeigen, dass man in seinem Sein nicht allein ist, es Hoffnung und Hilfe gibt. Es gibt geflügelte Engel, wie ich selbst weiß, und verdammt sexy Engel dazu. Und auch der kleinste Schritt, die kleinste Öffnung im Kreise der Vertrauten ist ein guter Anfang, um schnell laufen zu lernen.

Und mit jedem Schritt Freiheit zu gewinnen.

Und Leben.

Nur Mut!

8 Kommentare:

  1. Hallo,

    lese dein Blog schon eine Weile, heute möchte ich endlich mal sagen: Danke für diesen Eintrag.

    Viele Grüße!

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  2. Ganz ganz ganz toller Artikel!!
    Genau so ist es. Genau so. Der entscheidene Punkt ist die Selbstliebe, das in sich Selbst ruhen.

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  3. Du bist ein ganz dufter Kerl Andi, weißt du das?! Keep up the good thinkin' :o]

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  4. Was ich dich schon länger mal fragen wollte...kennst du Jürgen Domian (von der Nighttalkshow)? Wenn ja, was hälst du von ihm und was er macht (seiner Sendung)?

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  5. Domian? Nicht schlecht, er scheint mit seinen Anrufern mit Würde umzugehen, selbst wenn sie sehr crazy sind ...

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  6. Super Artikel, Andy!
    Lass die Liebe hochleben. Und pfleget alle immer euer inner game.

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  7. Der von ganz oben nochmal...

    Ein paar Monate später gibts nun einen mehr der sagen kann dass du soo recht hast mit deinem Eintrag und der glücklicher kaum sein kann, auch wenns erstmal nix dauerhaftes geworden ist.

    Nochmals viele Grüße!

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