-->

16.07.2005

Der Spiegel

Mit 14 las ich jede Woche den "Spiegel".
Mit 14 fand ich die großen, bunten Fotostrecken, zwischen denen sich allzu kurze, schlampig recherchierte, tendenziöse, bisweilen verzweifelt auf Kurzweiligkeit frisierte, immer mit einer oft gezwungenen Anekdote eingeleitete Artikel schlängelten, gut.
Mit 14 verschlang ich froh die endlosen, von keiner Information getrübten Stimmungs- und Atmosphärenberichte über Politiker, Manager, Sportler oder auch einfache Bürger.
Mit 14 hielt ich die Umfragehäppchen für bedeutsam.
Mit 14 hielt ich die Erklärungen in den Wissenschaftsartikeln für richtig.
Mit 14 freute ich mich jede Woche auf das halb bis gar nicht bekleidete Mädchen unter den "Personalien" und nahm auch die vielen schönen Frauen in den anderen Fotos, die oft kaum etwas mit den zugehörigen Artikeln zu tun hatten, gern zur Kenntnis.
Mit 14 las ich jede Woche den "Spiegel".

Ich bin nicht mehr 14.

13 Kommentare:

  1. Hey, also diese Kritik am "Spiegel" ist dir ein bisschen arg polemisch geraten! Dass die Artikel mitunter sehr tendenziös und vorverurteilend sind, will ich gar nicht bestreiten. Allerdings schreiben dort auch so talentierte Journalisten wie Gisela Friedrichsen, deren Reportagen stets zum Nachdenken anregen und IMHO einen hohen Erkenntnisgewinn aufweisen; man liest dort auch des öfteren äußerst interessante Essays von klugen Leuten. Und dass die Erklärungen in den Wissenschafts-Artikeln falsch seien, oder dass in den "Personalien" (diese Sparte ist eh ein mageres Zugeständnis an den Unterhaltungsbereich) allerlei leicht bekleidete Frauen zu finden seien (meist ist nur eine abgebildet), kann ich nicht bestätigen. Außerdem, ja, ich mag den teilweise frech-frivol-respektlosen Stil, wenngleich er manchmal fehl am Platz oder bemüht wirkt. Deine Litanei trifft viel eher auf den "Focus" zu. Ich oute mich also hiermit ohne Scham als "Spiegel"-Leser. Ja, macht mich fertig! *eg*

    --ku "Warum hat die 'Zeit' nur dieses unhandliche Format? Das erschwert das Lesen in der Bahn doch erheblich" no

    AntwortenLöschen
  2. Gisela Friedrichsen, die Essays und seltene gute Interviews sind unbenommen. Aber das reicht nicht.

    AntwortenLöschen
  3. Okay, okay, dann nenn mir jetzt ein paar schlagende Gründe, warum ich statt des "Spiegels" die "Zeit" lesen sollte... Könntest auch gleich einen Blog-Eintrag daraus machen! :-)

    --kuno

    AntwortenLöschen
  4. Da hat sich ein kleiner Fehler in deinem Eintrag eingeschlichen: Es müsste heissen du bist NOCH nicht 14, nicht du bist nicht mehr 14. Aber keine Angst, der Kindergarten geht auch vorbei und Sonderschulen gibts genug...

    AntwortenLöschen
  5. Niemand sagt, daß die Zeit soviel besser ist. Aber für eine Tageszeitung habe ich keine Zeit, und eine bessere Wochenzeitung kenne ich nicht. Vielleicht sollte ich mich mal umschauen...

    AntwortenLöschen
  6. Die Zeit ist definitiv besser.
    Ich sage das.

    Zum Spiegel lese man Enzensberger ("die Bildzeitung des gebildeten Mannes" oder so).

    Und dass es noch schlimmere Blätter wie den Focus ("Hetzen, Hetzen, Hetzen!" - Frontal) gibt, ist auch nur eine notdürftige Entschuldigung.
    Ja, es findet sich guter Journalismus im Spiegel. Aber auch ins Mensa-Essen verirrt sich mal ein Vitamin. (Herrgott, mir viel kein besserer polemischer Vergleich ein, eigentlich finde ich das Mensa-Essen in Ordnung.)

    AntwortenLöschen
  7. Also, ich will ja jetzt keinen Wochenzeitungs-Flamewar vom Zaun brechen, aber der Berufsintellektuelle Enzensberger ist für mich nun wahrlich nicht das Maß aller Dinge, zumal er neuerdings selbst gern in dem Magazin veröffentlicht, das er früher mit so viel Verve geschmäht hat. Ich sehe ja ein, dass die Sprache des "Spiegel" oft sehr absonderlich ist, und ich mag die sogenannten "Kampagnen" auch nicht. Kann auch sein, dass die "Zeit" um Längen besser ist (ich werd in den Semesterferien mal vergleichen und evtl. hier berichten). Trotzdem: Das "Spiegel"-Bashing ist einfach übertrieben. Der Vergleich mit dem Mensa-Essen hinkt übrigens, wie du ja selbst einsiehst, gewaltig. Denn Mensa-Essen ist gut und preiswert! :-)

    --kuno

    AntwortenLöschen
  8. Jeder, der über Mensaessen herzieht, verdammt, soll sich doch gefälligst mal vorstellen, wieviel Zeit es einen Studenten täglich kosten würde, sich vergleichbares Essen zuzubereiten ! Hätte der Übeltäter nicht schon einen Rückzieher gemacht, könnte ich wohl für nichts garantieren !! Und überhaupt sollte solch ein Nörgler doch bitte einmal seine Aussage nach einem halbjährigen Englandaufenthalt wiederholen ! WIR DEUTSCHEN JAMMERN WIRKLICH AUF SEHR HOHEM NIVEAU !!!

    AntwortenLöschen
  9. Das Bashing ist nicht übertrieben. Wir kennen es hierzulande nur nicht besser. Ich kann allerdings nicht sagen, ob es nicht doch gute (rein) politische Magazine gibt - eine Bekannte findet "Cicero" gut.

    AntwortenLöschen
  10. ... und "wieder ein sinnloser Kommentar mehr", damit erstmals der Zähler in einen unglaublichen zweistelligen(!) Bereich gepfushed wird! :)

    AntwortenLöschen
  11. Jetzt fehlt nur noch der Nazi-Vorwurf, und der Eintrag bekommt >100 Kommentare... wetten? :-P Dass der "Spiegel" kein rein politisches Magazin ist, find ich übrigens ganz OK, denn die Rubrik "Deutschland" ist schon langweilig genug... :-)

    --kuno

    AntwortenLöschen
  12. Mein letzter Kommentar war nicht sinnlos, sondern informativ!

    AntwortenLöschen
  13. Was für ein toller Beitrag! Ich wusste gar nicht, dass der SPIEGEL und ein popeliges Mensa-Essen Fanboys haben. Wenn man schon für ein Magazin oder eine Mahlzeit streitet, dann wenigstes irgendwas hippes. Sagen wir den "Freund" oder irgendwas mit Meeresfrüchten...

    Wir Deutschen haben die traurigsten Fanboys.

    AntwortenLöschen