Aber dann denke ich, gute Filme und Bücher müssen gelobt werden und schlechte verdammt, um das Wahre und das Schöne in der Welt zu fördern, und wie sollen die Leute angesichts der schieren Masse an Werken sonst, so sie denn in einer berechenbaren Beziehung zu meinem Geschmack und meinen Argumenten stehen, wissen, was sie unterstützen und was sie liegenlassen sollen? Umso mehr, wenn die Menschen mich gerade wegen meiner Kritiken lesen. Außerdem kann Kritik auch Zweck an sich sein und über die Referenz hinaus neue, eigene Gedanken entwickeln, die Wichtiges über die Welt und das Leben sagen. Und schließlich macht Kritik mir immer noch jede Menge Freude.
Soviel als Kurzfassung meiner Theorie der Kritik. Und nun zur Praxis.
"Quantum of Solace": Bond küsst das Girl nur auf den Mund? Leider Öko- und Emo-Schrott.
"Warten auf Angelina": Alles, und ich meine alles, was an deutschen Filmen schlecht ist, ist in diesem Panoptikum des Grauens zu bestaunen. Kostüme, die die Heilsarmee weggeworfen hat. Schauspieler, die die Luft nicht wert sind, die sie veratmen. Eine Kamera, die von einem blinden, betrunkenen Orang-Utan bedient wird. Ein Skript, in dem die Hauptfiguren buchstäblich auf ihren weißen Ärschen sitzen und darauf warten, dass der furchtbar, furchtbar unwitzige Plot zu ihnen kommt. Und der Höhepunkt mit "Angelina" ist lahmer als das Jahrestreffen der Kriegsversehrten der Ostfront e.V. Auf jeden Fall meiden!
"Inkheart": Nicht viel zu sagen, außer dass diese Fantasyverfilmung zwar komplett durchschnittlich ist, aber weil sie aus Hollywood kommt, trotzdem tausendmal unterhaltsamer als "Warten auf Angelina". Made in America, Baby!
"Burn after Reading": Leute, die nicht wissen, was Liebe ist, jagen ihr hinterher. Unglück folgt. Nicht sehr toll.
"Twilight": EEEEEEKKKKK!! EDWAAAARD!!!! ICH WILL EINE ABTREIBUNG VON DIR!!!!!1 Aber der Film ist tatsächlich gar nicht schlecht. Kristen Stewart und Cedric Diggory spielen zart und natürlich, und die Reinterpretation des Vampirismus ist originell genug, um ein Gefühl guter Unterhaltung zu hinterlassen, auch wenn Edward Cullen später zum Muster eines abusive boyfriend mutieren soll. Aber er ist doch so süß ...
"Sieben Tage Sonntag": Die wahre Geschichte zweier Jugendlicher, die in
"Yes Man": Wie bei Adam Sandler gehe ich auch bei Jim Carrey in fast jeden neuen Film und vergesse dabei immer, dass die tatsächlichen Geschichten nie so gut sind wie ihre originellen Prämissen. So ist auch diese Story über einen Mann, der nur noch Ja sagt, eigentlich eine biedere Schmonzette. Und neben der Starpower selbst eines alternden Jim Carrey braucht es mehr Ausstrahlung als die der zwar niedlichen, aber auch ziemlich blassen Zooey Deschanel.
"He's just not that into you": Okay, dieser Film hat ein paar gute Ansätze. Obwohl es der gewohnt hölzerne und charismalose Ben Affleck ist, ist seine stockende Erklärung, warum er Jennifer Aniston nicht heiraten möchte, weil er sie nämlich auch ohne Ring und Siegel liebt, für Hollywoodverhältnisse fast schon revolutionär zu nennen. Sexy kid Scarlett Johansson macht mit dem aufstrebenden Bradley Cooper einen ziemlich guten Job. Und wer Drew Barrymore nicht liebt, hat kein Herz, wer härter als Harald Juhnke saufen, mehr Drogen als River Phoenix nehmen und danach immer noch so gut aussehen und das Leben lieben kann, kann nur ein großes Vorbild sein.
Aber dieser von ihr produzierte Film ist schrecklich frauenfeindlich.
Jennifer Aniston ist so verfangen im Traum, einmal eine Braut zu sein, und von den Sticheleien ihrer sogenannten Freundinnen so betroffen, dass sie Schluss macht mit Affleck, der sie wirklich liebt, so sehr, dass er am Ende sogar seine Überzeugungen opfert und ihr einen Antrag macht, um sie glücklich zu machen. Jennifer Connelly ist eine erstickende Mikromanagerin, die selbst die mehrfache absolute Arschlochhaftigkeit ihres Ehemanns verzeihlich erscheinen lässt. Scarlett Johansson ist eine labile Männerfresserin. Und die Hauptdarstellerin Ginnifer Goodwin ist so unsicher und hyperaktiv, dass man ihr gleichzeitig Valium und Kokain geben will.
Kann es in diesen Filmen keine coolen Frauen geben? Frauen mit Eiern? Die darauf scheißen, was ihre Freundinnen sticheln? Die Arschlöcher in den Wind schießen und in den Sack treten? Die autochthones Selbstbewusstsein haben und eigene Ideen, wie sie flirten und daten wollen, und es nicht von Daddy gesagt bekommen müssen? Kurz, Lizzy Bennets und nicht Blanche DuBois'? You know, nicht nur, weil es weit mehr Freude macht, Ersteren zuzusehen als Letzteren, sondern auch wegen Vorbilder geben, Leben in die Hand nehmen usw. Und wegen der Sexiness.
"Watchmen": Eine fast perfekte Verfilmung, und dafür ist tatsächlich der blaue Penis von Dr. Manhattan ein Indiz. Leider deswegen ein Flop. Also wegen der Perfektion.
"The Reader": Sex, Nazis und Kate Winslet - klingt wie ein Film für mich! Leider spielt meine immer noch liebste Schauspielerin die tumbe und plumpe ehemalige Auschwitz-Aufseherin Hanna Schmitz so gut, und die Liebesszenen mit dem begabten David Kross sind so naturalistisch, dass gar keine rechte Sexiness aufkommen mag. Vielleicht hat die L-förmige Bettdecke doch was für sich ...
Auch die Story von Bernhard Schlinks Bestseller hinterlässt keinen besonders guten Eindruck: Diese deutsche Auseinandersetzung mit dem Holocaust fühlt sich durchweg glatt an, glitschig und verlogen, ja geradezu falsch. Deutsche lesen deutsche Bücher, Deutsche halten deutsche Vorlesungen, und es hilft nicht, dass Bruno Ganz den Professor spielt, Deutsche sprechen deutsches Recht, und endlich liest ein Deutscher vor, wie der Holocaust zu verstehen ist, nämlich dass er nicht zu verstehen ist.
Klingt wie Exkulpation für mich.
Zwar raffinierte, mehrbödige und mehrfach selbstreflektierte Exkulpation, wie sie einem deutschen Juristen ansteht, aber letztlich doch keine andere Exkulpation als die des freiwillig glatzköpfigen abgebrochenen Grundschülers in Nordbrandenburg. Und warum soll man sich das dann ansehen, selbst wenn Ralph Fiennes und auch Lena Olin in einem leider viel zu kurzen Auftritt einen guten Job machen?
"Monsters vs. Aliens": Witzig, rasant, menschlich, vergesslich.
"C'era una volta il West": Ich hatte den echt bis Ostern noch nie gesehen! Und was habe ich verpasst!! Best. Movie. Ever? Ich will auch so ein Gesicht wie Charles Bronson, oder doch lieber wie Claudia Cardinale.
"Schuld und Sühne": Ah, ich möchte mein Leben lang nur russische Klassiker lesen, und dafür braucht man vielleicht auch das ganze Leben. Herzzerreißend, atemberaubend, reich und wahr, wahr, wahr.
"Dreams from My Father": Ein interessanter, manchmal fast lyrischer Einblick in das frühe Leben und die Gedanken des 44. US-Präsidenten Barack Hussein Obama, yaaaay!, der sich jedoch in der Mitte etwas zieht.
"The Film Club": Ein Vater lässt seinen Sohn die ungeliebte Schule abbrechen und bis fünf Uhr nachmittags schlafen, wenn er dafür jede Woche mit ihm drei Filme schaut, nach einer wahren Geschichte - klingt wie ein Buch für mich! Leider ist der Papa zwar ein guter und lehrreicher Filmkenner, aber auch ein eigenartig aufgeblasener, haarsträubend schlechter Lebensratgeber, und sein Sohn ist ein eifersüchtiger, mimosenhafter Taugenichts, dem man irgendwann nur noch die Crackpfeife aus der Hand schlagen und ihn ins Arbeitslager deportieren will, und das mir, dem Crackjunkie von Cannstatt! Sowas, sowas ...