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31.10.2011

Those were the days 8 1/2, Retardierung und Dénouement

Die früheren Teile dieser Serie sind hier: 1, 2, 3, 4, 5-1, 5-2, 6, 6 1/2, 6 3/4, 7 und 8. Dies ist, unglaublich aber wahr, der letzte Teil.

"Hallo? Ist da jemand? Andi? Hallo?! Das ist so hell hier, ich kann gar nichts-"

Ich dachte, ich räume die Bühne meines vergangenen Lebens mal leer, um einen unverstellten Blick auf die aus ihm erwachsene Erkenntnis zu ermöglichen. Und Du musst ja nicht gerade mitten in den Scheinwerfer blicken.

"Hm. Retardierung? Dénouement? Bühne Deines Lebens? Erwachsene Erkenntnis? Offenbar ist Dir noch nicht erwachsen, dass solcher Obskurantismus Dich zu lesen alles andere als leicht macht. Ich höre mich ja selbst schon wie Du an!"

Niedlich. Aber wenn Du erlaubst, lass uns doch mit der Geschichte aus dem letzten Teil fortfahren.

"Hmpf. Klar."

Sie hat das Telefon also nie mehr abgenommen. Und auch auf Mails, Karten, Briefe ... nicht reagiert. Besuchen wollte ich sie nicht, um sie nicht mit meinem Dasein zu überfallen, wirklich wahr. Ich verstritt mich inzwischen mit No, der, warum auch immer, partout nicht glauben wollte, dass Oddjob mehr als nur Freundschaft mit Honey wünschte, und mich einen Stalker genannt hatte. Er spricht bis heute nicht wieder mit m-

"Halt mal. Stalker?"

Ich habe mich nicht in den Büschen vor ihrer Wohnung versteckt oder sowas. Aber ich verstummte und starrte, wenn wir uns zu mehreren mit ihr begegneten, sah andere, die mit ihr sprachen, böse an, hatte im Kopf nur mehr sie, sie, sie, rief sie an, umso öfter, je weniger sie erreichbar war ... Du weißt, dass ich keinem Käfer den Panzer krümmen würde. Aber das war alles andere als gesunde Verliebtheit, wenn das kein Oxymoron ist. In meiner absoluten Hingabe, meiner absoluten Aufgabe und ihrem absoluten Mysterium, ihrer absoluten Unklarheit hatten sich wirklich zwei gesucht und gefunden, a match made in hell, wie wir Pseudoangelsachsen sagen. Die Katastrophe war so unausweichlich wie in einer griechischen Tragödie, und wie in jener hat jeder Versuch, sie abzuwenden, ihre Folgen nur noch schlimmer, die Götter nur noch zorniger gemacht. Wie immer haben die ollen Hellenen auch hierin und hierzu schon alles gewusst und gesagt, vielleicht verstehst Du ja jetzt, warum ich sie so mag.

"Man sucht und findet sich, nicht wahr? Man versucht davonzurennen und läuft doch nur im Kreis, gerät immer wieder an dieselbe, für einen mehr als schlechte Sorte Mensch ... letztlich sind das ja nur Versuche, vor sich selbst davonzulaufen, die natürlich scheitern müssen."

Gut, Unbewusstes, ich habe Dich viel gelehrt. Wir wollen an dieser Stelle nicht spekulieren, wie es kam, dass ich war, wie ich war, wer kann das schon ganz ermessen, und manches soll selbst in diesem Rahmen privat bleiben, es reicht hier, zu sagen, dass mehrere unglückliche Umstände zusammenkamen, endo- und exogene, wichtig aber und einer der Gründe, warum diese Serie entstanden ist, neben der Selbsterkenntnis des Schreibens und der Unterhaltung, natürlich, ist, wie immer auf unserer Soapbox, die Belehrung und die Besserwisserei, am allerliebsten durchs Megaphon.

"Dann megaphone mal."

Gern und gleich, mein Baby. Aber zuerst: Irgendwann hat sie sich doch wieder gemeldet, schrieb, dass sie, ich weiß es nicht mehr genau, glaube aber, die "Freundschaftsverwirrungen" oder so leid war und sich einfach eine Zeitlang ausklinken wollte, und mit keinem Wort erwähnte sie mein Liebesgeständnis. Die Welt ging inzwischen unter, es war der 11. September 2001, acht Tage vor meinem Geburtstag. Auch an jenem Tag rief und rief ich sie an, vergebens.

"Glaubst Du, Du hattest ein Anrecht auf Antwort?"

Nein, und das ist vielleicht eine der schwersten Lektionen, die man lernen muss, dass es manchmal nicht mal für einen selbst Antwort gibt. Man öffnet sich wie nie zuvor im Leben für einen Menschen, mit grützeweich zitternden Knien, und statt einer Reaktion, irgendeiner, die einem zeigt, dass man am Leben ist, dass man da ist, und wenn es Hass ist, kommt- nichts. Das ist hart, in einer Konstellation wie meiner doppelt und dreifach, aber im All hört Dich keiner schreien.

"Du willst darauf hinaus, dass man sich selbst vergewissern muss, dass man am Leben ist? Dass man selbst da sein muss, für sich da sein?"

Vielleicht ist das mein Mantra. Narziss verliebte sich in sein Spiegelbild, weil er sich selbst nicht erkannte, und er warf sein Leben in den See, vegetierte leer, eine tote, glotzende Hülle. Und auch, wie Freundin K. uns lehrt, soviel Weisheit aus so schönem Munde, selbst wenn sie gesagt hätte, sie liebte mich, sie hasste mich, das sind so große, schwere Worte für so kleine, leichte Menschen, es ist hier wie dort: Das Absolute gibt es nicht, sondern das Leben. Oh, und wie es das gibt, oh, Baby! Warum sich dieses herrliche, dieses im wahrsten Sinne des Wortes wunderbare Dasein durch Angst, durch Minderwertigkeitsgefühl, durch schwaches Selbstbewusstsein verderben lassen? Umarme Dich selbst, und die Welt wird Dich umarmen!

"Schön, Guru, schön. Das sagt sich so leicht, alles so leicht. Was aber soll jemand, der jetzt so ist, wie Du einst warst, tun?"

Ja, heimleuchten ist einfach, aber dem Licht folgen muss man doch selbst. Nachdem sie sich wieder gemeldet hatte, war ich einen Moment eifersüchtig auf einen weiteren Freund, der mir etwas von ihr zu wollen schien, was über drei Ecken zuerst No und dann sie mitbekamen, worauf sie in einer Mail an mich vor Wut fast explodierte, von ihrer und jedes anderen Warte aus muss ich auch reichlich wahnsinnig erschienen sein, und sie brach den Kontakt erneut ab, nachdem sie zuvor schon wieder weniger erreichbar geworden war. Ich sah sie zufällig einige Monate später in der Stadt, stotterte etwas und sie schwieg, und absichtlich noch einige Monate später, ich war zwei Stunden von mir zuhause zu ihr zuhause gegangen, eine Rose in der Hand, sie versprach, sich bei mir zu melden, hinein ließ sie mich nicht, gemeldet hat sie sich nicht, nie mehr. Im Mai jenes Jahres, es waren mittlerweile fast zehn Monate, seit ich ihr gesagt hatte, dass ich sie liebte, hatte ich den ersten und einzigen Nervenzusammenbruch meines Lebens, auf der Feier eines ehemaligen Mitschülers im Waldheim musste ich vor der fröhlichen, glücklichen, grinsenden Menge erst auf den Fußballrasen und dann nach Hause fliehen, aus Liebeskummer flennend durch die laue Nacht. Es ging mir noch zehn Monate schlecht danach, die triste Informatik und die tristeren Informatiker taten ihr Übriges, und mein Talent, mein unseliges zum Selbstmitleid, konnte sich voll entfalten.

"Und dann? Wie bist Du auf die Straße nach Damaskus gekommen?"

Ich wünschte, ich könnte voller Stolz und Würde berichten, wie mich Jesus, Scientology, Schlangenöl auf den Highway zur Selbstliebe und Erleuchtung geführt haben, doch der Pfad war noch lange steinig und eng, und die guten Menschen, die ich endlich traf und die ihn mit mir gingen, hatten bisweilen mit ihm und mir zu kämpfen, auch wenn alle meine Konflikte natürlich kein Vergleich mit existentiellen Dramen zum Beispiel missbrauchter Frauen oder terrorisierter Männer waren. Das machte mein Erleben aber natürlich nicht weniger schmerzlich. Schließlich ging es, langsam, aber stetig aufwärts, die Zeit heilte, ich gewann Selbstbewusstsein, ich küsste, ich hatte endlich Sex, ich wechselte, unter turbulenten Umständen, ohne die geht es bei mir nie, mein Studium, ich kam aus dem Tal der absoluten Illusionen ans goldene Licht der Realität und streckte meine Glieder zur Sonne, meine Nase. Ich war glücklich geworden, hatte einen Partner fürs Leben gefunden: mich.

"Ja, aber WIE DENN?"

Meinst Du nicht, ich wäre längst mit dem Schlangenöl zur Selbstliebe reich geworden, wenn es das nur gäbe? Selbst wenn The Man nicht alles täte, um es sofort nach Erscheinen zu verbieten und zu vernichten, wer würde denn noch seine dicken Autos fahren, seine teuren Pelze kaufen, seinem feisten Führer gehorchen müssen, wenn er doch sich selbst hätte, immer sich selbst und seine Liebe? Wahre Liebe, umso mehr von einer anderen Person unabhängige, macht unendlich frei, das ist die Lösung dieser hier gestellten Hausaufgabe, nur sechseinhalb Jahre verspätet.

Man wird so wenig leicht von einer traurigen, bleichen Raupe zu einem strahlenden Schmetterling, wie jene es selbst wird. Die Chrysalis zu spinnen verlangt das ganze Können des Wurms. Aber sie wird schön, golden schön, und aus ihr schlüpft ein herrliches, leuchtendes Wesen. Weil die Larve das tut, worin sie gut ist.

"... ... ...Und das war's? Der große, fulminante Abschluss der längsten und bedeutendsten Serie Deines Blogs ist der Rat, sich in einen Kokon aus Material einzuspinnen, das man aus seinem Arsch gepresst hat? DAS WAR'S?"

Ich fürchte ja. Etwas enttäuschend, oder?

"ETWAS?!?"

Dann ist die Wirklichkeit enttäuschend. Die unspektakuläre Realität des Sichliebenlernens, der Anerkennung seiner Stärken, der Arbeit an seinen Schwächen, des stetigen Zens der Weltversenkung. Sicher, James Bond braucht das nicht, er nicht. Aber jeder Mensch.

"...So schließen wir, richtig?"

Ja.

08.10.2011

Boot steigt

Andi klettert aus der Luke zum Maschinenraum des Blogs. Sein Unterhemd ist mit Schweröl verschmiert, und er hält einen großen Schraubenschlüssel in der Hand. Aus der Luke hört man ein regelmäßiges Bummern.

O Hai, Ihr seid's, liebe Leser. Ich habe gerade meinen letzten Eintrag aus dem Jahr 2006 auf Vordermann gebracht, damit sind jetzt ziemlich genau zwei Drittel aller Posts verbessert und gelabelt. Mögt Ihr die Labels, oder sind sie Euch zu wenig detailliert? Ich habe auch den Eintrag vom April 2010 wiederentdeckt, über einige Computerspiele, die ich in letzter Zeit gespielt habe, doch keine Angst, ich habe seit dem Fünfjahresjubiläum meiner Soapbox nicht nur gedaddelt, wie die bald wiedergefunden werdenden Einträge zeigen werden.

Andi kratzt sich mit dem öligen Schraubenschlüssel am Kopf, wodurch eine Haarsträhne ein bisschen abstehen bleibt.

Aber Mann, diese ganzen alten Sachen wiederzulesen ist manchmal, wie ein altes Tagebuch zu öffnen. Ich war echt oft wütend, was? Naja, das ist hier Andis Soapbox und nicht "Andis Jadeparadies", wie ich in einem Schlüsseleintrag mal gewitzelt habe, obwohl letzteres nicht nur existiert, sondern vielleicht sogar reicher ist als die Soapbox, fruchtbarer, aber eben auch privater, verletzlicher; die Welt macht es mir zudem leider oft leicht, wütend zu werden, und ranten macht auch erstaunlich Spaß, probiert es mal selbst.

Aber Ihr wisst ja, sowas wie die bête noire hier ist die ewige Frage, was besser ist, für mich, für alle, für verschiedene Werte von besser, Wüten oder Erklären, Schreien oder Zuhören, Megaphon oder Hörrohr. Jenes Biest ist übrigens weitaus verschlagener und gemeiner als mein Schweinehund, den hat ein simples Orbitalbombardement zu einem kümmerlichen Schatten seiner selbst reduziert und er wiegt jetzt nur noch zehn Tonnen oder so. Bei der bête noire weiß ich manchmal nicht mal, wo ich sie suchen soll.

Andi holt eine seltsame, schon ganz vergilbte Liste aus seiner Hosentasche und streicht darauf "Das Wort 'Orbitalbombardement' in ein normales Gespräch einflechten" durch.

Aber gut, ich will Euch, heute, nicht schon wieder mit diesem Emozeug langweilen, sondern auf ein paar alte Einträge verweisen, die vielleicht des (Wieder-)Lesens wert sind. Aus dem Jahr 2005 zum Beispiel ein kleiner Rant über Wissenschaftshasser, die Wissenschaftsprodukte nutzen, Ulrike Meinhofs Brief "Eine Sklavenmutter beschwört ihr Kind", mein Plan für den Weltfrieden, eine und noch eine Bemerkung zur Hitlerei der deutschen Medien, wie ich mich auf einer Datingplattform als Leia Organa ausgab, wie ich fast bei einer Drückerkolonne angeheuert hätte, was ich von der BUNTEn halte, wie man Fußgängermengen simuliert, meine Prophezeiungen zur Zukunft der Arbeit, meine erste Erwähnung von Kapitän Ahab anlässlich eines Stadtbummels und meine Suche nach einer WG.

Im Jahr 2006 habe ich mich über NS-apologetische TV-Events wie "Dresden" und Mutterkreuzanwärterinnen wie Eva Herman, den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah, dass ich oft für Simon Gosejohann gehalten werde, Designervaginen und natürlich über Veronica Ferres, die 10.000 Euro von mir wollte (auch hier und hier) aufgeregt. Ich bin durch Deutschland gereist, habe eine Kritik der Oper "Carmen" in Stuttgart geschrieben, den vorerst letzten Eintrag in der Serie meiner unglücklichen Nichtliebschaften verfasst (ich denke, eine, die letzte Folge kommt noch), gegen unsere Angst vor dem Terror gewettert und gegen den Pazifismus, deutsche Blogger und pseudo-nassforsche Startupgründer. Ich habe gepostet, dass Leben Sterben heißt, und, zum Abschluss des Jahres, wie man in einer Notfallpraxis einen schönen Abend erleben kann.

Andi geht wieder zur Maschinenraumluke zurück, setzt einen Fuß auf die Leiter abwärts und klettert hinunter. Bevor er ganz verschwunden ist, steckt er nochmal den Kopf aus der Luke und grinst.

Das sollte erstmal genug Lesefutter sein. Als nächstes aktualisiere ich die letzten fast 200 alten Einträge, finde die übrigen verstaubten aus den Jahren 2010 und 2011 wieder und bereite ein paar neue vor: langatmige Linksammlungen, schnippische Kritiken, politische Rants und skurrile Geschichten aus meinem Leben. Das Übliche also. Schön, dass Ihr trotzdem dabei seid!

Andi ruft "Huii" und rutscht die letzten Stufen der Leiter hinunter.

01.10.2011

Licht an

Das Licht geht an. Andi steht auf der Bühne des Blogs mit einem Eimer und einem Lappen in der Hand. Er sieht etwas verlegen aus.

Äh, ich bin's. Ich fange wieder mit dem Bloggen an. Tut mir leid für die lange Pause.

Andi legt eine Hand in seinen Nacken und lacht nervös, wobei seine Augen wie umgedrehte Us aussehen und Schweißperlen aus seinem Kopf spritzen.

Ich bin mit meinem Studium fertig und jetzt Wissenschaftler, schon fast zwei Jahre in einem dreijährigen Projekt. Ich räume meine alten Einträge auf - aktualisiere die Links, verlinke die Bilder wieder, schaue nach der Orthographie und so. Manchmal ändere ich auch im Rückblick vielleicht zu ...harsche Formulierungen, aber nur wenige und selten, und bei Interesse und genug detektivischem Spürsinn der Leser nehme ich gerne zu jeder vorgenommenen Änderung Stellung. Über die Hälfte aller Einträge habe ich schon bearbeitet, bis inklusive Oktober 2006. Schaut mal rechts, die Labels sind endlich online! Stöbert ruhig darin, bald sind sie komplett aufgefüllt.

Jetzt glitzern Andis Augen ein bisschen.

Mit der Zeit werdet Ihr auch merken, dass das inoffizielle Versprechen von Andis Soapbox, wenigstens jeden Monat einmal etwas zu posten, ununterbrochen gegolten hat, die Einträge der letzten Zeit waren wegen des ganzen Staubs nur schwer zu sehen. Seht her, hier ist, was ich diesen September über das alte Videospiel "X-Com" geschrieben habe, ein interessanter Eintrag, wie ich finde.

Die Leser sind noch ein bisschen skeptisch.

Wie sagt V: "You see, Evey, all the world's a stage. And everything else ...is Vaudeville." In diesem Sinne, bitte nehmt Platz und Popcorn, schaut Euch noch einmal im Saal um, und dann geht die Show gleich wieder los. Viel Spaß!

30.09.2011

X-Com

Vor kurzem habe ich wieder "X-Com" (auch bekannt als "UFO: Enemy Unknown") durchgespielt.

"X-Com" ist eins der besten Videospiele, das ich jemals gespielt habe, vielleicht das Beste. Nicht schlecht für ein bald 20 Jahre altes pixeliges DOS-Spiel und einen alten Daumendrücker wie mich, der, mit dem NES angefangen, sicher hunderte Computerspiele wenigstens in Händen gehalten, wenn nicht ebenfalls durchgezockt hat.

X-Com-Geoscape

Das Spiel lässt sich am Besten als Planetare-Verteidigung-Simulator beschreiben. Am Ende des letzten Jahrtausends bevölkern UFOs den Luftraum der Erde, und Außerirdische terrorisieren Städte und entführen Menschen. Eine multinationale Eingreiftruppe, die X-Com, wird gegründet und nimmt den Kampf gegen die Aliens auf.

In einer Geoscape genannten Ansicht der Erde platziert man X-Com-Basen, überprüft Statistiken, liest nach, was man über die Außerirdischen herausgefunden hat, und befehligt Abfangjäger im Einsatz gegen anfangs kleine, später gewaltige UFOs. Den Aufbau der Basen kann man in einer zweiten Ansicht genauso kontrollieren und ändern wie die Namen seiner aus aller Welt rekrutierten Soldaten, die Ausrüstung der Jäger und Truppentransporter, die Forschung an Alienartefakten, die Herstellung nützlicher Waffen und Rüstungen und einiges andere mehr. Dieser Teil des Spiels gleicht einer Aufbau- und Wirtschaftssimulation, mit dem zusätzlichen Thrill, dass die Aliens bei anhaltendem Erfolg der X-Com öfter ihre Basen angreifen und man sie dann bis zur letzten Granate verteidigen muss.

X-Com-Basis EuroCom

Doch das Herz des Spiels ist der rundenbasierte Kampfmodus, die Battlescape. Die X-Com-Soldaten fliegen zur Absturzstelle eines abgeschossenen UFOs oder zu einem gelandeten Raumschiff, in eine terrorisierte Stadt oder zu einer Außerirdischenbasis, erkunden das zu Anfang verborgene, immer wieder neu zufällig zusammengesetzte Terrain und versuchen, alle Aliens zu finden und zu töten.

Betonung, vor allem in den ersten Monaten des Spiels, auf "versuchen". Die Soldaten sind lächerlich unterbewaffnet und können selbst bei Tageslicht kein Scheunentor treffen. Die Außerirdischen sehen vor allem in der Nacht besser, schießen genauer, bewegen sich schneller und attackieren die Soldaten zum Teil mit psychischen Angriffen, die sie in Panik versetzen oder gar unter ihre Kontrolle bringen. Ich habe kaum je in einem Videospiel mehr Immersion und Angst verspürt, als auf einer nächtlichen Terrormission in Rio oder Nowosibirsk von irgendwoher beschossen zu werden, oder einen Chryssaliden zu entdecken, nicht mehr genug Bewegungspunkte zum Fliehen zu haben und zu wissen, furchtbar zu wissen, dass er beim Zug der Aliens klack-klack-klack zum nächsten X-Com-Rekruten laufen und ihn in einen Zombie verwandeln wird, in dem ein weiterer Chryssalid steckt; bin nie verzweifelter gewesen als damals, als ein psychisch schwacher Rekrut von den Außerirdischen besessen wurde und meinem monatelang gehegten und gestärkten Oberst tödlich in den Rücken schoss. Ich habe halbe Häuser mit Bergbausprengstoff eingerissen, um bessere Sicht zu erhalten, Pech für die Bewohner, besessenen Soldaten mit Tränen in den Augen Gnadenschüsse gegeben, um die Mission nicht zu gefährden, und wie Rambo gebrüllt, wenn mein letzter Soldat den letzten Mutonen getötet und so einen verloren geglaubten Einsatz und vor allem einen wertvollen Senkrechtstarter nochmal gerettet hat.

X-Com-Battlescape

Der Weg zur letzten Mission auf dem Mars ist aus toten Rekruten gebaut. Man kämpft sich Inch für Inch durch die Einsätze, erforscht die außerirdische Technologie Stück für Stück, gibt seinen Kämpfern Stärke durch Erfahrung und gewinnt so langsam, langsam die Oberhand. Am Ende halten die Elitekrieger der X-Com ein schweres Plasmagewehr für tödlich präzise Schüsse und einen Psi-Verstärker für eigene psychische Angriffe in der Hand, sehen in ihren Flugrüstungen selbst wie Aliens aus und fliegen schneller als sie um die Welt und zuletzt nach Cydonia, um dem außerirdischen Obergehirn verdient ein Blastergeschoss in den hässlichen Pistazien-Panettonekörper zu jagen. Was für ein fantastisches, unvergessliches Spiel.

Jetzt wird es als First-Person-Shooter "reimagined".

Als ich das zum ersten Mal gehört habe, war ich, nur gering übertrieben, so erschüttert und verzweifelt, als hätte man mir gesagt, dass meine Eltern mich nie geliebt haben und gar nicht meine Eltern sind. Und dass ich unheilbaren Prostatakrebs im Endstadium habe. Während mein neuer Labradorwelpe vor meinen Augen stirbt.

Weil ein geliebtes fiktives Universum, in das man sehr reale Arbeit und Gefühle investiert hat, woran man sich wie an ein gutes Buch oder einen tollen Film gerne erinnert, zu nehmen, bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen und dabei noch wie zum Hohn völlig verzerrte Karikaturen von peripheren Elementen einzuführen, die angeblich den Kern der Geschichte darstellen, sich genauso anfühlt. Wie tiefster, hohnlachender Verrat, den man ohnmächtig mit ansehen muss.

Bitte nicht töten

Niemand hätte etwas gegen einen Neustart gehabt, wie ihn das unabhängige Xenonauts rührig versucht: Aktualisierte Grafik, bessere Balance, einige neue und interessante Elemente, zum Beispiel mehr Missionstypen und Terrains, Wettereffekte, vielleicht auch mehr Politik und Diplomatie mit den finanzierenden, manchmal von Aliens infiltriert werdenden Nationen. Aber ein Shooter?? Das ist, als ob das nächste "Mario Kart" ein Terrariensimulator würde, denn "Schildkrötenpanzer spielen darin eine wichtige Rolle". Und viel schlimmer noch, weil das letzte "Mario Kart" nur drei Jahre her ist, "X-Com" aber schon wahre Computerewigkeiten auf ein richtiges Update wartet. Warum so? Warum denen, denen das alte Spiel nichts sagt, nichts als einen "Mass Effect"-Klon bieten, die Fans aber auf die übelstmögliche Art vor den Kopf stoßen? Das besonders Perfide daran ist, dass wenn das neue "XCOM" floppt, die Marke erstmal verbrannt sein wird, wenn es aber Erfolg hat, weitere Shooter folgen werden. So oder so verlieren wir Liebhaber, und wir können nur fruchtlos und wütend protestieren, wie mit unseren Emotionen und Erinnerungen umgegangen wird.

Wenigstens erleichtert das.

06.07.2011

Elevatorgate

Rebecca Watson was on a panel at an atheist conference in Dublin where she spoke about sexism, misogyny and objectification in the atheist and skeptic movement, how it makes her uncomfortable, and also about the threats of rape she gets. She continued talking about this to some people at a hotel bar until 4 am when she said "I'm exhausted, going to bed". A man followed her into the elevator and propositioned her for coffee in his room. So he knew that she doesn't like sexualisation, that it makes her uncomfortable, that she is tired and wants to sleep in her bed, and that she probably doesn't feel too swell alone with a stranger in a hotel elevator in a foreign country, yet still overrode her express wishes in at least four, likely even five direct instances, thus showing that he doesn't care about her preferences. If that doesn't creep you out, what does?

This is why Watson said, very briefly in a long vlog, that guys shouldn't do that. She didn't say that the man was a rapist or that all men are monsters, just that this situation made her "incredibly uncomfortable". The offended raging in internet comments in response to this innocuous statement is completely disproportional and very revealing. I am especially disappointed in Richard Dawkins' responses, a man I admire for his great intellect and brilliant writing. I genuinely thought he would be as liberated in the rest of his thinking as he is in his thinking about religion. Alas, the privilege of a 70-year-old Oxford-educated English ivory tower toff seems to be hard to unlearn ...

14.02.2011

Sechs Jahre Soapbox

Unglaublich, mit welcher Präzision ich immer rechtzeitig zum Jahrestag blogge! Hoffentlich bleibt das noch viele Jahre so ...