-->

29.09.2007

VIEW-Magazin

Liebe VIEWER,
gute Fotografen und Journalisten sind neugierig. Sie wollen hinter das Offensichtliche schauen und das Unbekannte erklären. Sie glauben fest: Nur wer den Zustand der Erde kennt, kann sie zu einem besseren Ort machen. Unser Fotograf Paolo Woods, 37, ist so ein Mensch. Er war nicht bereit, die gängigen Klischees über den Iran zu akzeptieren. Ist dieses Land wirklich nur ein Regime bärtiger Mullahs, grausam genug, Kinder in den Krieg zu schicken, verrückt genug, die Atombombe zu entwickeln? [...] Ihr Tom Jacobi

Liebe Leser,
gute Blogger und Medienkritiker sind neugierig. Sie wollen hinter das Offensichtliche schauen und das Unbekannte erklären. Sie glauben fest: Nur wer den Zustand des deutschen Journalismus kennt, kann ihn besser machen. Unser Autor Andreas Lazar, 28, ist so ein Mensch. Er war nicht bereit, die gängigen Klischees über "VIEW" zu akzeptieren. Ist dieses Magazin wirklich nur eine Resterampe für Agenturfotos mit Bart, gierig genug, Bottroper Arschgeweihe in Schwarzweiß als "Akte" zu verkaufen, blöde genug, unsagbar dumme und zutiefst beleidigende Vorurteile an den Anfang seines Editorials zu stellen?

Ja.

Vielleicht sollte ich am Montag doch nicht mit Giovanni di Lorenzo reden, sondern Henri Nannen channeln. Zusehen, wie er das jüngste Gericht gegen die Schänder seines Andenkens entfesselt. Gute Fotos davon machen. Und sie dann an "VIEW" schicken.

Ich nehme meine Kamera nach Hamburg mit.

Ihr Andreas Lazar

18.09.2007

Monster

Ja, ja, es ist alles wahr, das schlimmste Gerücht, alles, alles! Selbst der Henker traut sich nicht, es laut zu sagen ... Selbst dem Gerber wird schlecht, wenn er nur daran denkt ... Selbst der Priester schlägt drei Kreuze und rennt in die Krypta ... Die alten Frauen zischen wie Schlangen, die Männer holen die Mistgabeln und Fackeln, die Mädchen fallen in Ohnmacht und die Kinder werfen mit Steinen und spucken!

Ich bin ein Monster!!

Doktor Frankenstein weigert sich, mich zu sehen, weil er "einer Kreatur der Hölle nicht helfen kann", sein Ungeheuer jagt mich, weil ich so grausam verunstaltet, so ekelerregend gotteslästerlich, so furchtbar verformt und schrecklich verkrüppelt aussehe! Meine Nähte platzen auf, und sogar die Maden fliehen meine Ungestalt!

Ich habe eine Patelladysplasie!

Das heißt, meine Kniescheibe ist oben kleiner als bei normalen Menschen!!

Und während ich mit dieser Diagnose in der Hand in meine kalte Höhle weit außerhalb des Dorfes zurückschlurfe, während dicke Tränen über meine vernarbte Fratze rollen und wieder einige Kinder nach mir treten und schmeißen, schon die Dreijährigen sind ganz vorne dabei, bleibt mir nur, eins zu sagen, auch wenn ich weiß, dass es nie einen Gott geben wird, der mich hört:

Auch wenn ich nicht mehr als ein Monster bin, habe ich nicht auch das Recht zu leben?

Typisch

Man will eine scheinbar einfache Sache wie die Verschiebung des Navigationsbalkens von links nach rechts erreichen, weil der Westler zuerst nach oben links blickt und von dort langsam nach unten rechts, und wenn im ersten Fokus der Aufmerksamkeit dann nur das tausendmal gesehene Logo prangt, ist das ein bisschen Verschwendung, Verstimmung und Verdruss, keine Gefühle, die ich mit meinem Blog in Verbindung gebracht haben möchte. Besser also, das Neueste ans Vorderste zu stellen.

Man hängt und würgt und schraubt mit HTML, CSS und GIF, bis das Ergebnis ein Bastard aus Gomorrha ist und man selbst um biblische Zeiträume gealtert, doch schaltet endlich die Höllenmaschine zufrieden aus und fällt ins Bett.

Am nächsten Tag loggt man sich in der Uni mit einem Browser ein, den man nicht auf seiner Site getestet hat, Internet Explorer 6, sechsmal verflucht sei sein Name ...

...und alles fängt von vorne an.

Gra-arrgh!

17.09.2007

Rechtsruck auf Andis Soapbox

Wie gefällt's, Kameraden?

16.09.2007

Winona Ryder

Winona Ryder

Vor kurzem dachte ich, dass ich lange nicht mehr an Winona Ryder gedacht habe. Weil ich sie schon lange nicht mehr in einem Film gesehen habe. Wegen Saks Fifth Avenue usw. Und dann dachte ich, schade. Echt schade.

Noni war nie die beste Schauspielerin ihrer Generation, da muss man erstmal an Kate Winslet vorbei und dann noch an Kate Winslet, aber wer sie in "Mermaids" erblickt hat oder im meist wunderbaren "Night on Earth", selbst in "The House of the Spirits" oder im etwas verkorksten "Girl, Interrupted", konnte nicht umhin, sie zu lieben, und dabei habe ich bis heute nicht "Edward Scissorhands" oder "Heathers" gesehen, kleines dunkles Geheimnis. Nicht die Beste, aber alles, alles andere als die Schlechteste, und die ideale Schauspielerin für Tim Burton, bevor er Helena Bonham Carter kennenlernte, die allerdings selbst an Kate Winslet vorbeizieht, wenn auch vielleicht nicht ganz an Kate Winslet. Und die Liebenswerteste und die Schönste, oh großer Gott, selbst Johnny f'ing Depp, der noch die freie Wahl hätte, wenn er nach Frauen mit Exkrementen schmeißen und brüllen würde wie ein Schimpanse, hatte "Winona Forever" auf seinem Oberarm stehen. Und hätte sie meinen flehentlichen Rat befolgt und sich zumindest einmal wenigstens ein bisschen nackig gemacht, wäre auch das mit Saks Fifth Avenue, ich wette, nur maximal halb so schlimm gewesen, ja Euer Ehren, ich war mit dem Flammenwerfer im Waisenhaus, weil ich die Kleinen schreien hören wollte, aber sehen Sie sich doch nur diese Dinger an etc.

Aber wer die Regeln nicht kennt, stolpert halt darüber.

Schade. Echt schade.

Lotería Primitiva

Lotería Primitiva

Ein Brief aus Spanien, in fehlerlosen Druckbuchstaben adressiert an "LAZAR ANDREAS C." Vielleicht eine Nachricht von der besten aller Schwestern A., die sich zur Zeit dortig aufhält? Aber warum dann nicht einfach eine Karte?

Ich öffne den Brief und erfahre, dass ich im "internationalen Programm" der "Lotería Primitiva" 815.510 Euro "(ACHT HUNGRED UND FÜNFZEHN TAUSEND FÜNFHUNDERT UND 10 EURO)" gewonnen habe. Endlich! Schluss mit Überziehungszinsen und Studiengebührenleid!! Der Schläger auf dem Campus hat zum letzten Mal mein Milchgeld abgezockt, jetzt können meine Bodyguards sich Bodyguards kaufen, die sich zwergwüchsige Filipinos kaufen, die ihn mit goldenen Knüppeln verprügeln und mit Diamanten steinigen!!! Mwaha-bwahahahahaa!!!!

Dann aber meldet sich dieses manchmal sehr nervige, unabschaltbare Ding in meinem Hinterkopf und empfiehlt mir, doch noch mal genauer hinzusehen. Wieso sind die Stempel fotokopiert? Kann sich die spanische Lotterie keine bessere Übersetzung als diese absolut lausige leisten? Wieso soll ich bis zur Penisgröße, für drei Ziffern ist leider kein Platz, alles angeben, um die Zahlung zu erhalten? Und warum gewinne ich eigentlich in einer Lotterie, an der ich nicht teilgenommen habe?

Papa Google gefragt und mit dem ersten Treffer Gewissheit erlangt.

Ich zweifle nicht, dass die Leser dieses Blogs, von deren ölglitzernden Götterkörpern ich jede Nacht seufzend träume und aus deren vollkommenen Nasen literweise Blut schießt, weil ihre gewaltigen Gehirne gegen ihre Schädel drücken, gegen solchen Betrug gefeit sind, aber vielleicht hilft dies weniger gestählten Seelen.

Und bringt mehr Klicks.

10.09.2007

Evas Fall

Adolf?!?

Nein, also das... das hätte niemand ahnen können, niemand. Eva eine Verharmloserin, eine Sympathisantin, eine Mutterkreuzlerin, sie, Evi, die doch nur einen einzigen, kleinen, süßen Sohn hat? Ein Naivchen, ein Dummchen, ein Hirnlöschen, sie, die die Wochenschau immer so entzückend sprach und selbst in böse Wörter für böse, böse, böse Untermenschen wie "dreckiger Rassenschänder" noch soviel Wärme legte, dass mein deutsches Herz wild pochend erblühte? Ihre Weltsicht gar geschlossen paranoid, die der erfolgreichen, weitgereisten und universalbegabten Buchautorin, Moderatorin und liebenden Familienseele? Verliebt in den Führer, sie, die doch immer nur sein Bild mit spitzen Lippen geküsst hat, wenn überhaupt? Nein, das ist nicht die Eva, die ich kenne und bewundere, ja liebe, ich-

Ach so, es geht um Eva Herman.

Na dann wundert mich nichts.

Film Film Film

Jeder Wunsch aus meinen Kommentaren ist mir heiligster Führerbefehl, den ich mit meinem reinen Bl-

Ach nein, meine Zuteilung an Naziwitzen für dieses Quartal habe ich ja leider schon aufgebraucht. Dann fange ich ohne Umschweife mit meinem Bericht vom Fantasy Filmfest an, bei dem ich dieses Jahr aufgrund plötzlicher Krankheit leider nur drei Filme sehen konnte, die erfrischend zynisch humorvolle, aber etwas unter einem niedrigen Budget und manchmal plakativen Szenen leidende Zombieparabel "Fido" mit Carrie-Anne Moss als bis zum Äußersten resoluter Fifties-Hausfrau, den recht rührenden und stimmungsvollen Anime "Toki wo kakeru shôjo" ("The girl who leapt through time") über ein Mädchen, das eher durch die Zeit stolpert, und den ersten Teil von "Death Note", in dem sich sympathisch urjapanische Produzenten, Regisseure und Schauspieler manchmal noch etwas tapsig, aber meist erfolgreich und spannend an westlichen Kinokonventionen versuchen. Wüsste ich nur, was in der Fortsetzung passiert!

Manchmal ist es auch besser, nichts zu wissen. Zum Beispiel, dass der Anfang von "Fantastic Four 2" (Fantastic 8?) genauso absolut bekackt ist wie der erste Film, den ich mir seinerzeit aus unrekonstruierbaren Gründen in Gänze angetan habe. Ich verstehe ja, dass man aus Fairneß keinen Schauspieler mit mehr als drei Gesichtsmuskeln neben die zwar sehr hübsche, aber auch sehr leere Jessica Alba stellen darf, doch muss man es mit der hochdosierten Schlaftablette Ioan Gruffudd und dem keine Vorhersehbarkeit auslassenden Drehbuch so weit treiben? Und wenn wir schon dabei sind, was ist eigentlich bei "Spider-Man 3" passiert? Sind Kirsten Dunsts Brüste mit einem indianischen Fluch belegt und müssen alles mit sich nach unten ziehen, immer weiter nach unten, immer weiter, oh Gott, lass es aufhören!? War die Szene mit dem aufgrund des Einflusses der außerirdischen Teerpfütze durch die Stadt tanzenden oder besser spastisch zuckenden Tobey Maguire ernst gemeint? Und was macht überhaupt die ziemlich bezaubernde Bryce Dallas Howard in diesem Wrack?

Apropos bezaubernd, das trifft auch auf den liebevollen Disney-Zeichentrickfilm "The Sword in the Stone" ("Merlin und Mim") zu, den ich mir kürzlich in einem Anfall präseniler Nostalgie gekauft und sehr genossen habe, genauso wie den witzigen und originellen "Kult" "Labyrinth" mit einer sehr jungen, unwahrscheinlich liebenswerten und glaubwürdigen Jennifer Connelly und David Bowie, dessen Kostüm zwar die Phantasie des armen Zuschauers arg beutelt, aber der auch die vollkommene Besetzung für den Koboldkönig ist.

"Das ist mein Mann", scheppernd springen die Überleitungen von Absatz zu Absatz, muss sich auch Sebastian Schipper beim Casting von "Absolute Giganten" gedacht haben, als er den unendlich triefäugigen Frank Giering vor sich sah, der hier zusammen mit dem unvermeidlichen Florian Lukas, dem wie immer kuschelweichen Antoine Monot Jr. und einer rätselhaft attraktiven Julia Hummer lange vor ihrer totalen moralischen Bankrotterklärung als Leni Riefenstahl Werbefigur für die GEZ ein erstaunlich gutes Team für einen letzten Abend auf Hamburgs großen, einsamen Straßen bildet, vom besten deutschen Kameramenschen Frank Griebe gewohnt genial gefilmt. Ach, Filme ...

Jetzt aber wieder zurück zu Büchern.