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31.12.2008

Cork Worlds 2009

31.12., 12 Uhr: Mein letzter Eintrag für dieses Jahr. Am Morgen waren wir wieder erste Regierung, was hieß, dass ein Thema kommen würde, über das wir absolut und garantiert nichts wissen, und tatsächlich mussten wir viel schlechter als recht die Unabhängigkeit von Abchasien befürworten. Trotzdem können wir mit etwas Glück noch die Finalrunde für Me no speak english erreichen, und ich drücke mir die Daumen und N.'s gleich mit, bis er schreit. Ein Ruf der Hoffnung.

31.12., 1 Uhr: Leider nicht Kinski, sondern Cyrano schaut mir zur morgendlichen Unzeit aus dem Spiegel entgegen, denn Partner N. unterhält sich schon seit geschlagenen zwei Tagen mit einer niedlichen, aber sehr schüchternen Russin und hat ihr noch nicht einmal gesagt, dass ihr Haar wie ein Strom warmen Honigs ist, den er trinken möchte, bis er berauscht ist von ihrem goldenen Mysterium, und ihre Augen wie klare Seen, in denen freche Lachse springen wie bei ihrem Anblick sein Herz. Ich diktiere ihm ins Handy, doch er schaut nur verstört, und wir verlieren die fünfte Runde darüber, ob China und Indien genausoviel für den Umweltschutz tun sollen wie der Westen, auch und eigentlich vor allem, weil wir als zweite Opposition mit der schwachsinnig mit der Regierung übereinstimmenden, sie gar noch übertreffenden ersten Opposition untergehen müssen. Da wir danach aber von Herzen dafür sind, dass Ehebruch doch nicht verboten werden soll, beenden wir den Tag mit einem schönen zweiten Platz und nicht fantastischen, aber befriedigenden sieben von 18 möglichen und 10+ realistischen Punkten. Ich ziehe meinen Anzug an, befestige eine rosa Schleife und gehe zufrieden auf den diesabendlichen Fundraiser für Action Breast Cancer, wo ich, es ist mein allererster Fundraiser, lerne, dass man für zwei Euro nicht nur zahllose Brüste, sondern auch seine Seele durch das warme Gefühl retten kann, etwas Gutes getan zu haben. Dazu gibt es Wein und Tanz, und zurück im Hotel surfe ich nach mehr Fundraisern und Brüsten, während das Jahr langsam seinem Ende entgegengeht. Ein melodischer Ausklang.

30.12.: Hier machen selbst die Computer um sechs Ladenschluss, so daß ich gestern nicht mehr berichten konnte, dass N. und ich uns in der zweiten Debatte zum Thema, ob Manager von Firmen, die Regierungskredite bekommen, gefeuert werden sollen, auf den dritten Platz steigern konnten, und die letzte Runde des Tages darüber, ob Soldaten ihre Regierungen auf Vernachlässigung verklagen dürfen sollen, gar, wenn auch sehr knapp, gewonnen haben. Nach einer "Comedy Night", auf der das Lustigste die billige Wodka-Cola war, vergleichsweise früh ins Bett gegangen und heute morgen als erste Regierung noch den Dritten gemacht, obwohl wir für die Desegregation der Schulen in Nordirland sein mussten, ohne überhaupt zu wissen, dass sie segregiert sind. Was Wunder, wenn die zweite Nachricht auf Sky News nach der rituellen Judenhatz die Pubschlägerei eines britischen Fußballers ist. In other news: The Pope has shriveled balls!!!1 Wenigstens wird das ekelerregende Newstainment von einer zarten Rothaarigen vorgelesen, und es gibt hier auch hübsche Australierinnen, Amerikanerinnen, Britinnen, Chinesinnen, Koreanerinnen ... 

29.12.: Letzten Abend bis in die Puppen Karaoke mit süßen Russinnen und Jamaikanerinnen, mein zarter Sopran eignet sich aber weiterhin nur für langsame Balladen. Weniger Rock heißt weniger Tanz heißt weniger Durst heißt leider weniger Kinski, und auch in der ersten Debatte heute morgen bleibe ich ganz ruhig, als die erste Opposition uns alle guten Punkte wegnimmt, warum Glücksspiel nicht verboten werden sollte. Vielleicht bin ich gestern doch gestorben und nun verdammt, auf ewig als Geist durch Irland zu wandern? Well, sign me up!

28.12.: Leckeres Inselfrühstück mit Rührei, Würstchen und Speck. Begrüßungsbriefing, Mittagessen und etwas kontrafaktische, aber formal korrekte Registrierung als "Me no speak english"-Team, wodurch sich unsere Chance, wenigstens eine der nach Sprachfähigkeit gestaffelten KO-Runden zu erreichen, ceteris paribus um 62,5% auf ca. 0,007% erhöht hat, ich bin aber kein Debattiernerd. Weil der Wettkampf erst morgen losgeht und aus Angst, heute wie im Altersheim nur noch auf das Abendessen und den süßen Tod zu warten, diesen Eintrag gestartet und mit Blut geschworen, ihn so oft wie möglich zu aktualisieren. Wer wischt jetzt die Sauerei auf?

27.12.: Auf der Debattierweltmeisterschaft in Cork. Weil das tatsächlich die preiswerteste Reise war, zuerst mit dem TGV, der auch in der neuesten Generation noch gut französisch ultramoderne Technik mit ältestbewährter Klaustrophobie verbindet, nach Paris gerast, dann ewig in der Checkin-Schlange an Charles de Gaulle gewartet, Partner N. dabei aus diesem nur aus Stellen bestehendem, die deutsche Sprache in ein erstaunlich leidenschaftliches Instrument verwandelnden Buch die hervorragendsten vorgelesen, zum Glück können die meisten Iren kein Deutsch, und schließlich an einem sonnigen Nachmittag mit einem Airbus im sehr schönen Cork gelandet. Den Luxus unseres Hotelzimmers mangels Öffnungsmöglichkeit der Minibar leider nicht bis zur Neige gekostet, aber wenigstens auf der abendlichen Essenssuche aus Versehen ein fremdes Tablett mit Käsefritten und Fanta mitgegessen. Wer wie Kinski sein will, muss eben klein anfangen!