Unsere geliebte, gute alte Wilhelma dagegen sieht bei Nacht wie Tag ehrwürdig und elegant aus, wie die feine, weltgewandte Dame, die sie ist. Die Schönheit der Schöpfung macht demütig und zufrieden.
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ZEIT: Und doch ist der Holocaust eine Geschichte von unvorstellbarer Vernichtung. "Schindlers Liste" hingegen ist eine Geschichte über das Überleben. Mit einer klassischen Katharsis.
Spielberg: Ich habe den Holocaust nicht verfälscht, nur weil ich "Schindlers Liste" ein optimistisches Ende gab. Schindler hat 1200 Juden gerettet und ihnen die Chance gegeben, Kinder und Enkel zu bekommen. Aus 1200 Überlebenden wurden 6000 Nachkommen. Das war einer der wenigen Lichtblicke in der Geschichte des Holocaust. Natürlich hatte ich die Wahl: Erzähle ich die Geschichte der Überlebenden, oder erzähle ich die Geschichte derer, die in den Ofen kamen und zu Asche wurden? Hätte ich die Geschichte der Toten erzählt, hätte niemand diesen Film sehen wollen. Keiner wäre im Kino sitzen geblieben. Und der Film wäre schnell vergessen worden.
ZEIT: Wie stehen Sie zu Claude Lanzmans "Shoah"?
Spielberg: Der fehlende Einfluss von "Shoah" hängt damit zusammen, dass es ein Dokumentarfilm ist. Damit bekommt man kein Publikum, und schon gar nicht im Kino.
ZEIT: Glauben Sie nicht, dass manche Inhalte auch eine bestimmte Form erfordern? Sie selbst haben mit Ihrer Shoah Foundation den Dokumentarfilm "The Last Days" produziert. In diesem Film werden die Erzählungen von Holocaust-Überlebenden in kleine Schnipsel zerteilt und mit rührseliger Musik unterlegt. Unfassbares Leid wird konsumierbar in melodramatischer Form.
Spielberg: Ich muss Ihnen widersprechen. Für mich ist "The Last Days" der beste Dokumentarfilm, der je über den Holocaust gedreht wurde. Ich habe die Form nie als melodramatisch empfunden. Der Film erzählt von fünf Überlebenden, die zurück nach Budapest gehen, an den Ort, wo sie interniert wurden und ihre ganze Familie verloren. Es ist einer der meistgesehenen Dokumentarfilme überhaupt.
ZEIT: Publikumserfolg ist etwas Schönes. Aber ist er wirklich Ihr wichtigstes Kriterium?
Spielberg: Nein, aber ein entscheidendes.
ZEIT: Sie haben allein mit Jurassic Park 2 fast 300 Millionen Dollar verdient. Ein Drittel der 30 erfolgreichsten Filme aller Zeiten wurde von Ihnen produziert oder gedreht. Da könnten Sie sich doch mal einen Film ohne Happy End leisten. Oder auch einen Holocaust-Film, der nicht unbedingt erfolgreich sein muss.
Spielberg: Vielleicht ist Erfolg das falsche Wort. Es geht mir um Wirksamkeit. Nennen Sie es ruhig Massenwirksamkeit. "Schindlers Liste" und "The Last Days" führten dazu, dass sich 52000 Überlebende bereit erklärten, ihre Erinnerung an den Holocaust auf Video aufnehmen zu lassen. Dadurch öffneten sich die Türen für sieben weitere Dokumentationen. [...]
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