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30.11.2006

Die Prinzessin und die Magd

Die Prinzessin sitzt in ihrer Kemenate. Sie ist so hochgeboren, dass ihr Zimmer nicht einfach ein Zimmer ist, sondern eine Kemenate, im höchsten und schönsten Turm der Burg. Die Magd sitzt in der Küche, auf einer Stufe mit den Ställen und den Stuben.

Die Prinzessin erwartet. Erwartet, dass die Ritter vor ihrem Fenster die Laute schlagen, ihr den Kopf des Drachens bringen, sich um sie balgen, mit dem Breitschwert bis aufs Blut. Die Magd freut sich, wenn die Knechte sie in der Küche besuchen.

Die Prinzessin lässt. Lässt sich den Kamin ihrer Kemenate heizen. Lässt sich ihre Kleider anlegen, Besucher anmelden, ihre Schleppe nachtragen. Die Magd macht und tut und begrüßt.

Die Prinzessin ist schön, ihre Haut ist blass und rein, und ihre Augen glänzen und funkeln, aber man weiß nicht, wie sie aussähe, wenn sie zwei Tage in der Wildnis gewesen wäre, unter den Drachen, oder auch nur bei den Ställen und Stuben. Die Magd ist hübsch, ihre Haut ist rosig und rauh, und ihre Augen leuchten und schauen.

Die Prinzessin kennt die Bücher. Die Magd kennt das Leben.

Stünden sie nackt nebeneinander, man wüsste selbst dann beide zu scheiden. Die Prinzessin hat Haltung. Die Magd aber hat Würde.

Warum verliebe ich mich immer zuerst in die Prinzessin?

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