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26.02.2007

Bad Taste

Ich gehe ja sehr gerne in die Sauna. Außer wegen der offensichtlichen Genuss- und Gesundheitsgründe auch wegen der vielen nackten Menschen.

Der vielen unheimlich dicken und radikal behaarten nackten Menschen.

Bevor der geneigte Leser jetzt aber in höchstem Ekel und größter Abscheu zur Sitte rennt, sei ihm zur Erklärung geschrieben, dass ich vorgestern zum ersten Mal in meinem Leben auf einer Bad-Taste-Party war, manche sind halt Spätzünder.

Aber umso begeistertere.

Denn, noch mit dem ersten Bier an der Wand lehnend, konnte ich schon nicht mehr sagen, wer sich absichtlich schlecht angezogen und wer sich szenemäßig herausgeputzt hatte, wer immer schräg herumläuft und wer es einfach nicht besser weiß, kurz, was dieser "Bad Taste" eigentlich sein sollte.

Im Gegenteil, gerade die gelungeneren ungelungenen Outfits ließen ihre sonst vielleicht unscheinbaren Trägerinnen und Träger sehr angenehm auffallen, als sei es ihnen ganz egal, was sie trügen und wie sie wirkten und als seien sie nur hier, um Spaß zu haben, und viel davon.

Und das wirkt. Und sieht gut aus. Sexy.

Und macht ziemlich glücklich, weil, der aufwendigen Schalen absichtlich entkleidet, die Masken gewollt parodierend, die wahren Menschen unter den grellen Oberteilen und vergilbten Tennissocken durchscheinen. Einander ziemlich ähnliche Menschen. Und ziemlich liebenswerte.

Und genauso ist es in der Sauna.

Der Marken und der Macht enthoben erscheinen einander sehr ähnliche Menschen.

Sicher, einige haben ihre Füße, von anderen krummen Körperteilen nicht zu reden, seit Jahren augenscheinlich weder gesehen noch je benutzt. Sicher, einige Problembären erwarten mindestens Vierlinge, kleine fellige Tribbles wahrscheinlich. Sicher, man fragt sich laufend, was sich der Mann mit dieser Rasur nur um Gottes Willen gedacht hat und ob die alte Dame nun kleinere Büstenhalter kauft, seit sie sie über der Taille schließen muss. Die Variationen der Hässlichkeit sind schier unendlich, den weiter eher einer Birke denn einer Eiche und einem Waschbär denn einem Waschbrett ähnelnden Autor nicht unbedingt ausgenommen.

Aber man kann dort doch nicht umhin, in der allgemeinen, grundverschiedenen Nacktheit die überwölbende Gemeinsamkeit zu erkennen, die fundamentale Ähnlichkeit, die menschliche Zugehörigkeit, das wertvolle und liebenswerte Wesen in jedem.

Und das ist ein sehr gutes, weil humanistisches Gefühl.

Ein tolerant machendes Gefühl.

Ein friedensstiftendes.

Darum gehe ich so gern in die Sauna.

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