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03.03.2007

World of Warcraft

Wie versprochen.

Es gab eine Zeit in meinem alten Studium, als es mir weder damit noch privat gut ging. Eigentlich sogar eher schlecht. Statt meine Probleme aber aktiv anzugehen, habe ich mir das MMORPG (massively multiplayer online role-playing game) Star Wars Galaxies gekauft und es gespielt.

Fast ein Jahr lang fast ausschließlich.

Ich kann die Berichte über unglückliche Asiaten, die nach 48 Stunden Dauerspiel tot aus ihrem Stuhl fallen, über Eltern, die vor lauter Onlinespiel vergessen, ihr Kleinkind zu füttern, bis es verhungert, über Teenager, die einander real umbringen, weil sie sich virtuell Schwerter und Pferde abgeluchst haben, gut verstehen.

Sehr gut.

Das Glück, ein Engel und ich haben mein Leben dann für immer geändert. Meinen Geburtstag jenes schwarzen Jahres verbrachte ich auf Naboo, vor meiner Medipacks herstellenden Fabrik. Den nächsten und jeden seither auf der Erde, im Kreise meiner Freunde.

Entsprechend habe ich lange überlegt, ob ich die Zehn-Tage-Testversion von World of Warcraft installieren sollte, des mit mittlerweile über acht Millionen Abonnenten auf geradezu absurd eindeutige Weise erfolgreichsten MMORPGs aller Zeiten. Der trockene Säufer geht nicht mehr in die Bar. Der schuldenfreie Spieler geht nicht mehr ins Kasino. Ich aber habe WoW heruntergeladen und es gespielt.

Zehn Tage bis Level zehn.

Was, die Scriptkids lachen schon, fast omahaft langsam ist. Weil ich zwischendurch essen war, geschlafen und geputzt habe, ausgegangen bin, gearbeitet und gelacht habe. Weil ich gelebt habe.

Und, unglaublich, wenn man das tut, gewinnt auch das Spielen eine neue Dimension, tieferen, wahren Spaß nämlich. Weil es um nichts mehr geht. Weil man fest verwurzelt in der Erden steht und so Pixel Pixel sein lassen kann. Weil man sich hat, sich sicher hat. Wenn es einen Schlüssel zum Glück gibt, dann diesen. Ich halte ihn, fest.

Fairerweise muss man aber sagen, dass WoW auch deswegen so viel Spaß macht, weil es um Lichtjahre besser als SWG ist. Fast frei von Bugs und ständigen, alles umwerfenden Änderungen. Mit einem hervorragend intuitiven Interface und einem Füllhorn funktionierender Quests. Voller wunderbarer Landschaften, Möglichkeiten und Spieler. Zum Staunen gut. Entsprechend habe ich es auch gekauft und bin, meinen Zehn-Tage-Test-Charakter, eine menschliche Kriegerin namens Maivven weiterspielend, auf dem Sprung zu den höchsten Leveln.

Warum eine Frau? Wenn ich schon ständig auf den Hintern meines Avatars starren muss, dann soll es auch ein wohlgeformter sein, und Girls with Glaives haben auch dann was, wenn sie aus Polygonen bestehen.

So unkritisch jetzt, Du? Nein, MMORPGs sind natürlich darauf angelegt, ihre Kunden zu binden und latente Suchtdispositionen zu verstärken, indem immer neue, mächtigere Belohnungen in Aussicht gestellt und die Illusion der Immersion forciert werden, das ist genauso wie bei herkömmlichen Computerspielen oder in Monte Carlo, wo es keine Uhren gibt. Auf der Packung steht sogar in geradezu entwaffnender Offenheit, dass meine "epische Mission" niemals enden werde, niemals. Man stelle sich vor, Smirnoff würde damit werben, dass man niemals mehr von ihren Pullen loskäme, um zu erkennen, dass uns hier noch einiges an stammelnden Stoibers, zensurgeilen Becksteins und korrespondierender medialer Hysterie ins Haus stehen wird, bis wir einen einigermaßen verträglichen oder wenigstens wie in vergleichbaren Fällen verlässlich heuchlerischen Umgang mit dieser neuen Droge gefunden haben.

Und das nimmst Du einfach so hin und unterstützst sie sogar? Naja, ohne jetzt in einen langen Exkurs über die Freiheit zur Selbstzerstörung ausschweifen zu wollen, ist doch jeder frei, sich selbst zu zerstören. Man kann und sollte ihn warnen und alles tun, dass er es nicht tun möchte, aber die letzte Entscheidung bleibt doch seine. Ich meine, wir helfen besser mehr Menschen, sich den Schlüssel in die Hand zu geben, als die Zigarettenautomaten, die Kasinos, die Onlinewelten zu schließen.

Und Ihr?

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