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07.07.2007

Westdeutschlandreise, Teil 3

Ziemlich übermüdet bei der Konfirmation von Kusine A. in Schwäbisch Hall angekommen, setze ich mich nach der Begrüßung meiner lieben Verwandten und meiner liebsten Familie in der recht modernen Kirche in eine der hinteren Reihen und hoffe auf eine aufgeweckte Predigt, haha. Doch was ich höre, lässt mich nach und nach entgeistern.

Die Pfarrerin "hofft", dass die Konfirmierten in der Gemeinde verbleiben. Sie "bittet" die Gäste, aufzustehen. Sie zeigt, wo die Liedtexte im Programm stehen. Ja, sie spricht sogar das übrigens ziemlich endlose Glaubensbekenntnis vor.

Kurz, die evangelische Kirche ist völlig eierlos geworden.

Whatever happened to "Wenn Ihr die Kirche jemals verlasst, schneidet Euch der Satan den Pillermann ab. Das gilt für Dich, Marvin! Und erst recht für Dich, Marvin!!" Oder dem selbstverständlichen Auswendiglernen der Liturgie? Oder der Predigt auf Latein und der tridentinischen Messe, die Benedikt XVI. übrigens gerade eben wieder erlaubt hat? Ist es wirklich schon so weit, dass man dem heutigem Publikum erklären muss, wozu der kleine runde Fladen am Altar dient?

Kopfschüttelnd kehre ich mit den anderen in einem Restaurant ein, wo ich an einem weiteren Buffet meine Kunst zeigen und am Nebentisch zugleich studieren kann, wie ich nie werden will, so stumpf stiert selbst der Säugling jener Großfamilie vor sich hin. Dagegen erscheinen selbst die seit Jahrzehnten gleichen Witze von Onkel L. plötzlich wie wahre Erfüllung. Zum Nachmittagskaffee bei A.s Familie zuhause berichten Tante I., die respektgebietende Kitchen-Skillz hat, und A.s Mutter A. meiner Schwester A., das sind aber drei verschiedene Namen, wie schwer es ist, eine bestimmte, extrem leckere Torte zu backen. Mit erneuerter Ehrfurcht beiße ich umso herzhafter rein und schlummere auf der anschließenden Heimfahrt sehr müde, aber auch sehr satt und sehr froh ein, während Vater W. steuert.

Ich habe in fünf Tagen fast 1000 Kilometer zurückgelegt, mehr oder weniger einfach so, Menschen getroffen, die ich mag und die mir am Herzen liegen, und getan, was ich am liebsten tue, vorwiegend essen, labern und lachen.

Die meisten Menschen auf der Erde kommen in ihrem Leben auch heute nicht so weit.

Geschweige, dass ihre Reisen so frohen Anlass haben wie meine.

Vergesst dies nicht.

4 Kommentare:

  1. > Kurz, die evangelische Kirche ist völlig
    > eierlos geworden.

    Das war sie doch schon immer - oder jedenfalls in den Jahrzehnten, die du oder ich überblicken können.

    Was du dir vorstellst, gibts nur bei den Katholen ;-)

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  2. Ich bin ja nie bei den Evangolen, darum weiß ich das nicht :)

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  3. Das heißt Evangelen!
    Nieder mit den Katholen,
    heil den Evangelen!
    :-)

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  4. hmm....lecker Eier.

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