Heißt es: Aber Andi, was schreibst Du denn so viel über Dich, über Dein Leben? Ist das nicht zu privat, zu persönlich, zu intim? Verrätst Du nicht zuviel, zuviel über Dich?
Sage ich: Nichts wisst Ihr, nichts. Nichts schreibe ich über Vater W. und Mutter T., die man nicht nicht lieben kann. Nichts über Schwester A., die einzig Einzigartige. Nichts über Freundin S., über die ich stundenlange Oden dichten könnte, und zurecht. Nichts über M., meine Liebste. Nichts über M., das Messer des Scharfsinns, nichts über D., das Buch der Unkultur, nichts über T., den Menschen T., oh, Baby. Nichts über die wichtigsten Beziehungen meines Lebens.
Nichts über das Gesicht, das ich beim Orgasmus mache, kein sehr intelligentes. Nicht, ob ich mein Klopapier knülle oder falte. Nicht, was ich frühstücke, nicht, ob Kaffee oder Tee, nicht, was ich in Seminaren klugscheiße, nicht, ob ich links oder rechts schreibe oder trage, nicht, was für Bücher in meinem Regal stehen, was für Hemden in meinem Schrank, was für Gedanken in meinem Kopf. Nichts wisst Ihr, nichts!
Heißt es: Aber Andi, hast Du denn keine Angst, dass ein Arbeitgeber das liest? Ein Vater, eine Mutter, eine Liebe? Hast Du denn gar keine Angst?
Sage ich: Wollt Ihr in einer Welt leben, in der Ihr Scheren in Euren Köpfen schnappen lasst, weil Ihr Angst um Eure iPods habt, Euren Daimler, Eure DVDs, wollt Ihr Sklaven von denen sein, die Euch nur zu gern zu welchen machen würden, wollt Ihr das, was seid Ihr nur für Feiglinge, für elende Feiglinge? Ja, wohl gesprochen vom Experten, vom Kaiser und Gott des Abgemahntwerdens, vom Wohlstandskind de Luxe, vom Prasser Numero Uno, der nicht einen Tag seines Lebens hungern musste, aber trotzdem wahr, und Ihr wisst es, Ihr wisst es.
Und wollt Ihr eine Liebe leben, die Euch nicht kennt, Eure Keller, Eure Spinnweben in den Ecken, Eure Kakerlaken, Ihr verdammten, elenden Weicheier? Glaubt Ihr wirklich, das hier bin ich, ganz ich, die unvermeidliche Verzerrung der Schriftform schon abgezogen?
Ich bin Andreas C. Lazar. Das hier aber ist Andis Soapbox.
Ein Teil von mir, natürlich. Ein lauter, scharfer, besserwisserischer, bisweilen schwer erträglicher Teil. Das bin ich und doch nicht. Das Leise, das Sanfte, das Zuhörende, das sehr Angenehme bin nämlich auch ich, aber nicht hier, nicht auf der Soapbox. Hier ist Ersteres, und das brechtsche Theater, und die Grandezza, und die Pose, und wenn Euch das nicht passt, verpisst Euch und lest ein Kuschelblog, bis die Welle kommt, und zurecht. Das Leben aber ist das Andere, und das Leben ist nicht hier. Und Schluss.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
"Meine Liebste" ..?!
AntwortenLöschenIch dachte, du habest dich wieder gemütlich als Langzeit-Single eingerichtet ...
;o)
Uebrigens würde ich mal die letzten Zitate bei mir durchpflügen ...
Wär auch ziemlich ermüdend einen 24h-Dauerquerulanten um sich zu haben. Ob du vom Papst jetzt selig gesprochen werden solltest als Speerspitze der Meinungsfreiheit, würd ich mal in Frage stellen (wärst du denn bei einer Märzrevolution auf den Barrikaden gestanden im Angesicht von zündenden Kanonen oder wärst nicht eher im stillen Studierkämmerlein vor deinen Büchern gesessen und hättest tollkühne Rede geschwungen die nie ein Mensch hören würde ?)
AntwortenLöschenDennoch, es ist so, hat mir deine Offenheit im Falle Frau Verres, imponiert. Weniger was du vordergründig verteidigt hast (unnötiges Maulzerreißen), denn das war, verzeih, ziemlich dämlich.
Was für ein Impetus! Was für eine Wortgewalt! Welch... Dingsda!
AntwortenLöschenIch finde es schön.
Wenigstens meine Leser hören meine Rede.
AntwortenLöschen